Donnerstag, August 17, 2006

Von Stempeln und Formularen...

Heute morgen hieß es früh aufstehen. Abends hatte ich mit Tony noch versucht herauszufinden, wo ich denn nun genau an mein Gepäck komme. Das erwies sich allerdings als fast unmöglich. Immerhin konnten wir in Erfahrung bringen, dass Cargo Qatar Airways - die sich gerade im Besitz meines Koffers befanden - wohl im Cargo Village beim Flughafen zu finden sein mussten. Wo sich das nun wiederum befand - das ließ sich nicht genau sagen.

Also machten wir uns morgens um 8 Uhr (*gähn*) auf den Weg zum Flughafen. Auf dem Weg dorthin kamen wir an unzähligen Baustellen vorbei. Hier und da konnte Tony mir ein wenig was zu den Projekten erklären. Unter anderem von einer riesigen Hotelkette, die sich gleich über mehrere Kilometer erstreckt, einem gigantischen Vergnügungspark und dem Global Village - einer Wohngegend, wo unterschiedlichste Wahrzeichen aus aller Welt zu finden sein werden, z.B. der Eifelturm im MiniFormat. Auch an der Formel1-Strecke und der geplanten Wintersporthalle kamen wir vorbei. Wenn da alles entsprechend läuft, wird es die Olypmischen Winterspiele wohl in der Wüste geben. Insgesamt kommt man da aus dem Staunen nicht raus.

Der erste Erfolg

In der Nähe des Flughafens fingen wir dann an, nach dem Cargo Village Ausschau zu halten. Die Ausfahrt haben wir dann auch grade noch rechtzeitig erwischt. Das hieß allerdings noch nicht, dass wir auch den Weg gefunden hatten. Aber an einer Schranke konnten wir uns durchfragen. Dann mussten wir zunächst in ein Büro. Dort waren ungefähr 20 verschiedene Schalter. Wir fingen beim ersten Schalter an. Ich reichte dem Typ hinter dem Schalter meine Kopie vom Frankfurter Flughafen. Erst schien er nichts damit anfangen zu können - aber dann tippte er etwas in seinen Computer ein.

Außerdem wollte er noch eine Passkopie. Auch eine seltsame Angewohnheit hier - für alles und jedes braucht man eine Kopie seines Passes. Direkt am Eingang gab es eine kleine Theke. Dahinter dicht zusammen gedrängt drei junge Männer, die kaum genug Platz hatten sich zu bewegen. Einer nahm direkt meinen Pass entgegen ohne die Herren die schon vor mir dort standen zu berücksichtigen. Nun gut. Kopie erhalten. Zurück zum Schalter. Da gab's eine Stempel und einen Ausdruck. Dafür 30 Dirham zahlen. Damit dann bitte weiter zum nächsten Schalter. Dort wieder dasselbe Spiel. Pass-Kontrolle. Zettel durchschauen. Etwas eingeben. Diesmal 3 Ausdrucke und 1 Stempel. Bitte weiter zum nächsten Schalter. Dort eine kurze Diskussion zwischen den beiden Männern hinter dem Schalter. Wieder Zettel. Noch eine Passkopie. Also wieder zum Eingang - noch eine Passkopie. Zurück. Nochmal 40 Dirham zahlen. Weitere Zettel werden ausgefüllt und gedruckt. Warten. Noch ein Stempel.

... und die Odysee ist noch nicht zu Ende

Dann müssen wir in die Lagerhalle nebenan. Mittlerweile trage ich einen ganzen Stapel Zettel mit mir herum. Als wir die Halle betreten steuert schon direkt ein Inder auf uns zu. Er gestikuliert wie wild herum und deutet uns, zu einem jungen Inder in Hemd und Schlipps zu gehen. Dieser wirft einen kurzen Blick auf den Zettel-Berg in meiner Hand. Ich muss mich mit Pass-Nummer, Name und Telefonnummer in ein riesiges Buch eintragen. Derweil flitzen gleich zwei der Inder in Blaumännern los, um meinen Koffer zu holen. Kurz darauf kommt ein Gabelstpler und bringt ihn mir. Soooo schwer war er ja nun auch wieder nicht. Bevor ich mein gutes Stück allerdings in Empfang nehmen darf, hält uns wieder der junge Mann im Schlipps auf. Wir müssen erst in ein weiteres Büro.

Hinter einer Theke sitzen wie die Hühner auf der Stange 6 junge Kerle in Uniformen. Sie schauen nur kurz auf und diskutieren über irgendetwas weiter. Ich gehe auf einen zu und reiche ihm meine tausend Zettel. Er pickt sich einen davon raus und fragt, wo denn mein Koffer sei. Ich deute nach draußen. Daraufhin macht er sich ganz gemütlich auf den Weg. Schnappt sich meinen Koffer und durchleuchtet ihn. Er müsse ihn öffnen. Und schneller als ich kucken kann ist das kleine Schloss auf und zu zweit durchschauen sie den Inhalt meines Koffers. Zum Glück räumen sie ihn dabei nicht richtig aus. Keine Ahnung, wie ich das wieder hätte einpacken sollen.

Aber noch immer darf ich meinen Koffer nicht mitnehmen. Ich muss noch in ein weiteres Büro etwas weiter hinten in der Lagerhalle. Also trabe ich - wie befohlen - in die Richtung. Das Büro ist schnell gefunden - allerdings total überfüllt mit wild fuchtelnden Indern und Pakistanis. Ständig scheinen sie über irgendetwas zu diskutieren. Als ich das Büro betrete, schauen sich einige um. Aus den vordersten Reihen strecken sich mir mehrere Hände entgegen. Einer hebt einen Zettel hoch. So einen habe ich auch. Ich gebe ihn einem Mann, der ganz vorne steht. Er reicht den Zettel direkt an den Typ hinter der Theke weiter. Dieser fragt nach meinem Namen und meiner Telefonnummer. Plötzlich machen mir alle Platz, damit ich in die erste Reihe durchkomme. Ich sage meine Telefonnummer, bekomme einen weiteren Stempel und schon bin ich wieder draußen.

Jetzt bekommt der junge Inder vom Anfang nochmal alle Zettel zu sehen und dann darf Tony endlich das Auto holen. Scheint wirklich, als hätte ich meinen Koffer zurück erobert. Das Ganze hat nun etwa eine Stunde in Anspruch genommen. Die 1000 Zettel darf ich zusammen mit meinem Gepäck behalten.

Mittlerweile ist es halb 10 und wir machen uns auf den Weg zur Arbeit. Tony ist der Meinung, dass alles noch viel länger gedauert hätte, wenn ich keine Frau gewesen wäre. Hat also doch seine Vorteile. ;-)

Ein gemütlicher Sit-In

Der Arbeitstag an sich verläuft ziemlich ruhig. Eine Freundin von Tony lädt uns abends zu einer Party ein. Sie wohnt in der Nähe der MediaCity und so bleiben wir bis viertel vor 9 im Büro. Doreen wohnt in einer wunderschönen Gegend nahe der Dubai University. Die Gassen dieses Wohnviertels sind relativ klein - das macht es auf den ersten Blick gemütlich. Auch die Villen sind wunderschön angelegt.

Der Abend bei Doreen verläuft sehr nett. Ich lerne Selma kennen - sie ist Halb-Ägypterin und in Düsseldorf aufgewachsen. Die letzten zwei Jahre hat sie in Kairo gearbeitet und ist nun auch erst seit 6 Wochen hier. Wir verstehen uns ziemlich gut und tauschen erstmal Nummern aus. Auch die restlichen Leute sind sehr nett. Es wird ein gemütlicher Sit-In. Ich unterhalte mich auch länger mit einem Amerikaner, der nun seit etwa einem Jahr in Dubai ist. Seiner Meinung nach gibt es hier sowohl Vorteile als auch Nachteile.

Insgesamt ist Dubai kulturell begrenzt. Die Stadt hat noch keine allzu lange Vergangenheit. Und durch den Mischmasch und das Multikulti der Nationen ist es natürlich schwierig, eine wirklich eigene kulturelle Identität zu bilden. Der Einfluss der ganzen Expatriates ist momentan sehr dominant - was ein wenig schade ist. Dennoch bin ich gespannt, wie es in Bur Dubai und Deira - den älteren Vierteln der Stadt - so ist. Vielleicht schaffe ich es in diesem halben Jahr ja auch nochmal nach Abu Dhabi. Das Gespräch ist sehr interessant - aber ich will mir schließlich auch mein eigenes Bild von Dubai machen.

Gegen 12 herrscht dann allgemeine Aufbruchstimmung. Ein Großteil der Leute will sich noch ins Dubai'sche Nachtleben stürzen. Da Donnerstags ja schon das arabische Wochenende beginnt, ist sehr viel los. Sascha, Tony und ich machen uns dennoch auf den Heimweg. Das frühe Aufstehen und der lange Tag im Büro haben eben doch ihre Spuren hinterlassen.